Vergessenheit und Identität
There's no memory you can wrap in camphor / but the moths will get in. Es gibt keine Erinnerung, welche du in Naphthalin umhüllen kannst: die Motten werden trotzdem eindringen.
(TS Eliot, der Cocktail-Party, London 1969)

Vergesslichkeit und Gedächtnis, Kultur und Identität: eine komplizierte, unauflösliche Handlung welche ungreifbar und fließend jeden Einzelnen sowie Gemeinschaften im Inneren tief beeindrucken. Das kulturelle Gedächtnis ist die Grundlage des gesellschaftlichen Lebens, gegründet in Vorzeiten auf Erinnerungen und Evolutionen.
Durch den gemeinsamen Austausch von Tradition, Geschichte und Gedächtnis definiert man Regeln, Werte und das Zugehörigkeitsgefühl. Was wir tatsächlich uns im kollektiven Sinn erinnern und vergessen, nährt die sozialen Bindungen und die Identität eines schwer fassbaren Begriffes, sowie auch der Begriff "Zivilisation", einen wissenschaftlichen Ansatz erfordert, frei von politischen und ideologischen Bedingungen.
Im der Beziehung zu der Vergangenheit, mit seinen Materiellen und immateriellen Ausdrücken, belastet mit symbolischen Werten, zeichnet der Gegensatz zwischen Erinnerung und Vergessenheit und erhebt sich alles auf gemeinsames Erbe.
Wie die „Rettungs-Arche“ führen Museen und Archive diese anthologischen Zeugnisse der Vergangenheit in die Zukunft. Der Traum ist die Ewigkeit sowie den Tod zu vergessen und zu besiegen, sowie man sich in antiken Zeiten Dichtern und Denkmäler anvertraute, um Ruhm und Ehre der "Besten" zu verewigen.
Im Widerstand zwischen Erinnerung und Vergessenheit, jenseits positiver Dimensionen, nisten sich beeindruckende Zerstörungspotentiale ein. Die Identitätslektüre als historischer konstruktiver Mythos wird im Sinne „des Anderen“ in einem oppositionellen und aggressiven Sinne verwendet.
Die Geschichte und die Chronik belehren uns. Ethnische Säuberungen, von Armenien bis Holocaust, von Ruanda wie Kosovo, sind die katastrophalen Ergebnisse von Identitäts- Zornesausbrüchen und um diese zu legitimieren, werden oft verzehrte oder erfundene "Geschichten" verbreitet.
Die cupio dissolvi nistet in der Intoleranz des Totalitarismus und des Fundamentalismus welche das "Jahr Null" erwarten auf Kosten eines Feindes, welcher ausgelöscht werden muss.
Die damnatio memoriae endet nicht mit dem Sturz der Ikonen römischer in Ungnade gefallene Kaiser, sondern wird immer noch weiter fortgesetzt. Die Statuen des Duce, Lenins und Saddam, bis zu den Bücherverbrennungen, die explodierten Buddhas auf Kosten der Talibaner, sowie die Zerstörungen von Mosul und Nimrud.
Die Aufbewahrung und Überlieferung des kulturellen Erbes, die Erinnerung und die Geschichte, frei von Vorurteilen und Gedanken bedeuten die Bollwerke der Zivilisation.
15.04.2015